Gehaltsmodelle für Maschinenbau, Elektro- und Werkstoffindustrie im Zeitalter steigender Erwartung – Vergütung in der Industrie 2026
Dezember 11, 2025 1:08 p.m.Die industrielle Mitte Deutschlands steht vor einer ihrer größten personalpolitischen Herausforderungen seit Jahrzehnten. Im Maschinenbau, in der Elektroindustrie und bei Werkstoffherstellern erleben viele Unternehmen einen massiven Kostendruck. Nach Jahren mit hohen Inflationsraten, steigenden Energiepreisen, wachsenden Steuer- und Abgabenlasten, ausufernder Bürokratie sowie steigender Erwartung fachkompetenter Mitarbeiter müssen Personalabteilungen neu definieren, was faire und tragfähige Vergütung Vergütung heute bedeutet.
Laut dem ifo-Institut liegt die Inflationsrate im Industriegüterbereich 2025 zwar wieder unter 5%, aber die Löhne wachsen weiter stark – vor allem für qualifizierte Ingenieurinnen, Techniker und Fachkräfte mit Fertigungsbezug. Nach Angaben der HSH+S Personalberatung sowie der StepStone Gehaltsstudie 2025 stiegen die Gehaltsforderungen im Maschinen- und Anlagenbau um durchschnittlich 12 bis 15 % gegenüber 2023/24. Zugleich berichten über 60 % der mittelständischen Industriebetriebe, dass sie offene Fachstellen nur noch mit überdurchschnittlichen Gehaltsangeboten besetzen können (Quelle: VDMA, Herbstumfrage 2025).
Diese Entwicklung bringt die tariflich oder strukturell gewachsenen Vergütungssysteme vieler Mittelständler an ihre Grenzen. Ein Beispiel: Eine Entwicklungsabteilung mit 20 Ingenieuren verdient im Mittel 70.000 € pro Mitarbeiter und Jahr. Verlässt eine Fachkraft das Unternehmen, erwartet ein externer Bewerber mit passender Kompetenz aufgrund des Wettbewerbs € 80.000 Euro und mehr. Für das bestehende Team wirkt das schnell unfair, insbesondere wenn der Kandidat noch jung und relativ unterfahren ist – und für die Personalabteilung wird es zur Gratwanderung zwischen Kostenkontrolle und Motivationserhalt.
Besonders im Maschinenbau und in der Elektrotechnik, wo Projekte oft teambasiert und innovationsgetrieben sind, führt das zu Spannungen: Warum verdient ein neuer Kollege deutlich mehr, obwohl er dieselben Aufgaben übernimmt? Laut einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung (2025) akzeptieren Beschäftigte Gehaltsunterschiede nur dann, wenn sie nachvollziehbar auf Leistung, Zielerreichung und Verantwortung beruhen. Fehlt diese Transparenz, sinkt die Bindung ans Unternehmen, d.h. die Fluktuation der leistungsbereiten oder ambitionierten Mitarbeiter steigt deutlich.
In den Werkstoffbranchen, etwa im Bereich Kunststoff und Metall, verschärfen technologische Umbrüche die Lage zusätzlich. Neue Kompetenzen im Bereich Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft oder Automatisierung sind teuer. Unternehmen stehen daher vor der Aufgabe, innerhalb bestehender Gehaltsstrukturen Spielräume zu schaffen, ohne die Lohnkosten aus dem Ruder laufen zu lassen.
Handlungsempfehlungen für HR und Management
Um in diesem Spannungsfeld bestehen zu können, müssen Personalabteilungen Vergütung als strategisches Steuerungsinstrument begreifen – nicht als jährliche Pflichtübung. Fünf Maßnahmen haben sich in der Praxis bewährt:
1. Funktionale Gehaltsarchitektur
Die Grundlage gerechter Entlohnung ist eine systematische Funktionsbewertung. Wirtschaftsunternehmen, insbesondere der Maschinenbau und Elektroindustrie sollten Tätigkeiten anhand messbarer Kriterien – Verantwortung, Einfluss auf das Endprodukt, Qualifikationsniveau – einstufen. Das schafft Vergleichbarkeit und verhindert, dass Verhandlungsgeschick mehr zählt als Leistung.
2. Variable und projektbezogene Vergütungselemente
Erfolgsprämien, Innovationsboni oder Zielvereinbarungen können Gehaltsunterschiede ausgleichen, ohne Fixkosten unbegrenzt zu erhöhen. Studien des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigen, dass Unternehmen mit variablen Vergütungssystemen eine um 18 % höhere Mitarbeiterbindung verzeichnen.
3. Markttransparenz herstellen
Regelmäßige Gehaltsbenchmarks aus VDMA-, ZVEI- oder ifo-Daten helfen, branchenübliche Niveaus zu definieren und Unter- wie Überzahlungen zu erkennen. So können Personalabteilungen differenzierter argumentieren und zugleich Fluktuationsrisiken steuern.
4. Zielorientierte Kommunikation etablieren
Gerade in technisch geprägten Belegschaften ist sachliche, wertschätzende Kommunikation entscheidend. Wenn Mitarbeitende verstehen, welche Leistung den Ausschlag für Vergütungserhöhungen gibt, steigt die Akzeptanz – selbst bei ungleichen Gehältern.
5. Ganzheitliche Wertschätzung entwickeln
In Branchen mit begrenztem Hebel bei Löhnen, etwa Werkstoffherstellern, gewinnen nicht-monetäre Benefits stark an Gewicht: Unterstützung und Coaching durch Kollegen und den Vorgesetzten, individuelle Weiterbildung, gelegentliches Homeoffice, entlastende Gesundheits- und Vertretungsprogramme oder auch flexible Schichtmodelle tragen oft mehr zur Mitarbeiterbindung bei als Gehaltserhöhungen.
Die Zukunft der Vergütung in der Wirtschaft, noch mehr im industriellen Mittelstand, wird hybrid: ein Zusammenspiel aus leistungs- und marktbezogenen Komponenten, eingebettet in transparente und nachvollziehbare Strukturen bedeutet eine höhere Mitarbeiterzufriedenheit und höhere Attraktivität als Arbeitgeber. Wer frühzeitig handelt und rezessive Phasen nutzt, kann den Kostendruck abfedern, Fachkräfte halten und zugleich eine neue Kultur der Fairness etablieren – eine, die nicht primär von Geld, sondern von Leistung, Wertschätzung und Beteiligung getragen wird.
Stichwörter: Gehälter, Gehaltsmodelle, Industrie, Maschinenbau, Mittelstand, Vergütung, WirtschaftKategorisiert in: Vergütung
Dieser Artikel wurde verfasst von Hanna Star

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